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Dieses Mal schreibe ich euch aus einem gut klimatisierten Hotelzimmer in Riom, Frankreich, die Beine senkrecht nach oben an die Wand gelehnt. Sie sind von der brütenden Hitze und der langen Autofahrt schwer und aufgeschwemmt und das hilft etwas. Zusammen mit meinem Team Paule KA (ehemals: Bigla – Katusha) verbringe ich hier eine Nacht. Das optimiert die Rückreise per Auto von den drei spanischen Rennen, welche wir bestritten haben.
Zu sagen, es ist eine große Freude wieder Rennen zu fahren, ist keineswegs übertrieben! Nach dieser langen Corona-Pause waren bei den drei mit UCI 1.1 kategorisierten Eintagesrennen praktisch alle großen Teams und Namen am Start. Die Energie und Lust, etwas Action auf dem Rad zu erleben, war allseits groß, so mein Eindruck.
Mit Clara Koppenburg (Deutschland) hatten wir eine vielversprechende Leaderin für die bergigen Kurse am Start. Unterstützt war sie durch uns, die wir das Rennen kontrollierten und sie möglichst geschont am Fuße der steilsten Anstiege ablieferten. Das Podium verpassten wir leider knapp (Platz 4 bei Durango-Durango, 6 bei Nafarroako). Trostpflaster war der Preis für die beste Team-Performance in Durango.
Im zweiten Rennen (Navarro) wurde auf meine Rechnung gefahren (Clara war da für eine ideale Vorbereitung von Durango nicht am Start). Tatsächlich war ich im entscheidenden Moment dort, wo ich sein sollte und auf der Jagd für das ideale Break mit Elisa Longo-Borghini und Annemiek van Vleuten. Dabei war ich so im Schuss, dass ich eine Kurve etwas unterschätzte und eine Notbremsung in einen Dornenbusch vornehmen musste. Trainer Marcello Albasinis Kommentar: “So parkiere ich mein Vélo höchstens, wenn ich argen Durchfall habe“. Bis ich dort rausgesammelt worden war, war das Rennen für mich nicht mehr zu retten.
Was ich nicht unerwähnt lassen möchte: Die amtierende Weltmeisterin van Vleuten gewann alle drei Rennen (und überhaupt alle Rennen, die sie in 2020 bisher bestritt) überragend. Quite impressive!
Meine drei Wochen Höhentraining haben sich mehr als ausbezahlt. Die Tests zeigten eine deutliche Leistungssteigerung mit neuen persönlichen Rekorden. Am 12. Juli konnte ich trotz Stopp wegen herausgefallener Kette meinen Schweizer-Meisterinnentitel im Einzelzeitfahren verteidigen. So werde ich zuhause nun lediglich meine Koffer umpacken und gleich wieder in die Höhe verschwinden. Ende August ruft eine wichtige Woche mit Schweizer Meisterschaften Straße, Europameisterschaften (Einzelzeitfahren, Straße, Teamzeitfahren) und eventuell World-Tour Rennen (Plouay & La Course by Tour de France). Und dann sind schon bald die Weltmeisterschaften in der Schweiz, klar mein Saisonhöhepunkt.
Doch jetzt gehen wir zuerst mit dem ganzen Team Abendessen, die Stimmung ist ausgelassen. Dann werde ich mir eine kalte Dusche gönnen und wohl von einem erfrischenden Sprung in die Aare träumen, dem gletscherklaren Fluss durch meine Heimat Bern.
Bis bald,
Marlen